Neue Geschäftsmodelle in der Wohnungswirtschaft?

In der strategischen Unternehmensplanung und in der Umgangssprache hat sich seit den 1990er Jahren der Begriff „Geschäftsmodell“ etabliert, um die Funktionsweise eines Unternehmens zu beschreiben. Auch in der Nachhaltigkeitsforschung hat der Begriff mittlerweile Einzug gehalten. Doch was genau macht ein „Geschäftsmodell“ aus? In einem jetzt erschienenen Werkstattbericht geben Wissenschaftler/innen des Projekts WohnMobil einen Überblick über wesentliche Elemente von Geschäftsmodellen – etwa Kunden, Wertangebot, Kanäle, Kundenbeziehung, Kosten und Umsatz. Exemplarisch wird ein weit verbreitetes Konzept herangezogen und auf die Wohnungswirtschaft hin angewendet.

Im Hauptteil des Berichts werden die Geschäftsmodelle der acht Praxispartner des Projekts WohnMobil, Wohninitiativen und Wohnungsbauunternehmen, analysiert. Dabei werden insbesondere gemeinschaftliche Mobilitäts- und Wohndienstleistungen, die im Vorhaben in Reallaboren entwickelt und erprobt werden (wie z.B. Gerätepooling, Car- und Bikesharing), mit herkömmlichen Geschäftsmodellen der beteiligten Wohnungsunternehmen und Wohninitiativen verglichen. Die Analysen deuten auf gewisse Konvergenzen von Wohnungsunternehmen in Richtung von Wohninitiativen hin: Die untersuchten Wohnungsunternehmen reichern ihre Angebote durch neue modellhafte Projekte an und bieten ein breiteres Set an wohnbegleitenden Dienstleistungen (z.B. gemeinschaftliche Grünflächennutzung, soziale Dienstleistungen), wobei auch der partizipativen und gemeinschaftlichen Mitbestimmung durch die Bewohner/innen eine entscheidende Bedeutung zukommt. Es besteht ein erkennbares Interesse von Wohnungsunternehmen an Aktivitäten und Organisationsmodellen der Wohninitiativen.

Es stellt sich die offene Frage, ob dies Imitationsprozesse sind, oder ob tatsächliche erste Konvergenzschritte stattfinden, die Bündnismöglichkeiten eröffnen könnten, um damit neue Kundengruppen zu erschließen bzw. bisherige Nutzer/innen an sich zu binden.
Der Werkstattbericht ist ein Arbeitspapier des vom Bundesforschungsministerium geförderten Vorhabens „WohnMobil. Innovative Wohnformen und Mobilitätsdienstleistungen“, das das IÖW gemeinsam mit dem ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung und dem Öko-Institut durchführt.

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Frieder Rubik & Tabea Hummel (2016): Überblick über Geschäftsmodelle und Anwendung auf Wohnungsunternehmen und Wohninitiativen, Werkstattbericht, Heidelberg, 37 Seiten, Download (PDF 1, MB)

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Hintergrund zum Projekt WohnMobil

In gemeinschaftlichen Wohnprojekten und innovativen Wohnungsunternehmen entstehen derzeit viele neue Angebote, Dienstleistungen und Aktivitäten zur gemeinsamen Nutzung von Autos, Fahrrädern, Räumen oder Freiflächen und Geräten. Derartige innovative Ideen ermöglichen einerseits eine bessere Auslastung und Nutzung, andererseits mehr Teilhabe und nachbarschaftliches Miteinander. Bislang ist jedoch unklar, inwiefern sie wirtschaftlich tragfähig und in andere Wohninitiativen bzw. Wohnungsunternehmen übertragbar sind.

Im Projekt WohnMobil geht es darum, Konzepte für die Planung und Umsetzung gemeinschaftlicher Mobilitäts- und Wohndienstleistungen sowie Flächennutzungen zu untersuchen. Zusammen mit den Praxispartnern des Projekts werden Angebote und Dienstleistungen entwickelt und erprobt. Die Konzepte werden dann auf ihre ökonomische Tragfähigkeit sowie ihre ökologischen und sozialen Wirkungen hin bewertet.

Darüber hinaus soll ein Wissens- und Praxistransfer zwischen Wohninitiativen und Wohnungsunternehmen angestoßen und damit eine breitere Diffusion unterstützt werden. Schrittweise wird ein Wissenspool aufgebaut, in dem erfolgversprechende Ideen und Konzepte gesammelt werden.

Mehr zum Projekt unter: http://www.wohnmobil-projekt.de/home/

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