Hintergrund

Mehrere Trends prägen die gegenwärtige Situation im Bereich Bauen, Wohnen und Mobilität: Ein älter werdender, aktiver und kreativer Bevölkerungsteil möchte, wie viele andere Bevölkerungsgruppen auch, zu bezahlbaren Bedingungen in verdichteten, nutzungsgemischten Teilen der Städte wohnen. Antrieb ist der Wunsch als Gemeinschaft mit möglichst großer Selbstbestimmung zu leben, also die Fehler des funktionalistischen Städtebaus wie soziale Segregation oder Isolation in suburbanen Räumen nicht zu wiederholen. Gleichzeitig ergeben sich Flächenpotenziale durch den Strukturwandel – Konversionsflächen ehemaliger Bahn-, Militär- oder Industriestandorte in Berlin, Hamburg, Mannheim, Heidelberg – oder durch Flächenumnutzung wie in Frankfurt am Main. Zusammen mit einer neuen Generation von Stadtplanern und Architekten hat dies zu einem Boom für selbst organisiertes, sozial innovatives Wohnen (wie z.B. Junge Genossenschaften, Mehrgenerationen-Wohnen, Baugemeinschaften) geführt.

Im Spannungsfeld dieser Trends entstehen an vielen Orten derzeit Initiativen für innovative Wohnformen. Nachhaltigkeit spielt für sie oft eine große Rolle: Im Vordergrund stehen soziale Gerechtigkeit, soziokulturelle Vielfalt und Austausch sowie das Ziel, bezahlbaren Wohnraum für mehrere Generationen zu gestalten. Zum anderen betonen diese Initiativen mit dem Wunsch nach umweltfreundlicher Mobilität, Energie- und Ressourceneffizienz ökologische Aspekte. Soziale Innovationen, wie etwa gemeinschaftlich genutzte Angebote und Räume („Nutzen statt Besitzen“) und zukunftsweisende Planungsgrundsätze („Stadt der kurzen Wege“) spielen bei der Umsetzung der innovativen Wohnformen ebenfalls eine wichtige Rolle.

Diesen Organisationsformen stehen die etablierten Akteure am Wohnungsmarkt gegenüber: Die Wohnungsbauunternehmen adressieren trotz ihrer Innovationspotenziale mit ihren bewährten Wohnkonzepten den Mainstream, kreative Impulse werden bislang kaum aufgegriffen. Ein Austausch zwischen innovativen Wohninitiativen und kommerziellen Akteuren der Wohnungsbaugesellschaften findet bisher vereinzelt statt: Die gemeinschaftlichen Modelle scheinen aus Sicht der Wohnungsunternehmen nicht marktfähig zu sein. Gleichzeitig machen die neuen Wohninitiativen die Erfahrung, dass ihre sozialen Innovationen oftmals ein hohes Engagement und erhebliche Eigenleistung erfordern, die dauerhaft privat und unentgeltlich nicht zu leisten sind. Eine sozial-ökologische Transformation im Bereich Wohnen und Mobilität findet daher derzeit eher in Nischen statt.